Wie einige andere Ortsgruppen im Zollern-Gau, so feiert auch der Ostdorfer Albverein in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen.
Seit jeher stand und steht das Wandern und das Erleben der Natur, der Natur- und Landschaftsschutz, die Pflege des Brauchtums und das gesellige Miteinander im Mittelpunkt der Vereinsaktivtäten. Und wie in anderen Vereinen gab es in dieser langen Zeit viele Höhen und Tiefen. Doch stets getragen vom ehrenamtlichen Engagement vieler seiner Mitglieder zählt die Ostdorfer Ortsgruppe mit ihren derzeit 275 Mitgliedern nach wie vor zu einer der Größten im Zollern-Gau.
Zehn Männer waren es, die im Jahre 1895 auf Initative des Schullehrers Karl Sommer die Ostdorfer Ortsgruppe gründeten. Er war auch bis ins Jahr 1906 erster Vertrauensmann (VM). Bis Mitte der 20-iger Jahre sind keine schriftliche Unterlagen vorhanden, erst danach beginnen spärliche Nachweise und Aufzeichnungen. So von einer Versammlung im Gasthaus „Hirsch“ im November 1928, bei der u.a. auch für ein Protokollbuch gesammelt wurde. Die Sammlung ergab 1,50 RM und dieses erste Buch befindet sich noch heute im Besitz der Ortsgruppe. Die Mitgliederzahl stieg auf 30 Personen an, doch nachdem im Jahr 1933 auf Anordnung der NSDAP sich in der Vorstandschaft jedes Vereins ein Parteimitglied befinden musste, legte der damalige VM Gottlob Leukhardt sein Amt nieder und trat mit weiteren 11 Mitgliedern aus dem Verein aus. Nach dem Krieg untersagten die Besatzungsmächte jegliche Vereinstätigkeit und so konnte erst im Jahre 1950 eine Wiedergründung erfolgen. Johannes Wirthner, Eugen Mayer und Imanuel Schuler waren dabei die treibenden Kräfte. Die Gründungsversammlung fand am 14. Januar 1950 im Gasthaus „Krone“ statt. 12 Personen trugen sich dabei in die neue Mitgliederliste ein und wählten Eugen Mayer zum VM. Bis Ende des Jahres zählte die Ortsgruppe dann bereits 34 Mitglieder. Im Jahr 1951 konnte dann auch eine Jugendgruppe gegründet werden. Viele Jugendliche traten dem Verein bei und so war bald die Zahl von 60 Mitgliedern erreicht. Wie aus den Berichten zu entnehmen ist, war die damalige Jugendgruppe sehr aktiv, so standen Wanderungen, Radausfahrten und gesellige Zusammenkünfte auf dem Programm. In den Folgejahren ließen diese Aktivitäten aber leider wieder nach und auch bei den Wanderungen der Ortsgruppe war die Teilnehmerzahl meistens sehr überschaubar. Neuen Wind brachte dann im Jahr 1963 Ludwig Sämann in den Verein, als er bei der Hauptversammlung zum neuen Wanderwart gewählt wurde. Seine erste Tätigkeit war die Erstellung eines Wanderplanes für das ganze Jahr, nachdem bisher nur unregelmäßig Wanderungen durchgeführt wurden. Mit Erfolg – denn Ludwig Sämann gelang es, die Leute für das Wandern zu begeistern und so ging es mit den Teilnehmerzahlen stetig nach oben. Bei einer Wanderfahrt ins Donautal im September waren 60 Personen dabei. In den Folgejahren florierte das Wanderleben und neben Wanderungen in der näheren Umgebung standen auch Touren im Hochgebirge auf dem Programm. Der erste von der Ortsgruppe gestaltete Dorfabend im Herbst 1964 war ein voller Erfolg und es sollten noch viele weitere folgen. Auch stieg die Mitgliederzahl in dieser Zeit auf über 100 an. Bei der Hauptversammlung im Dezember 1965 wurde Ludwig Sämann zum neuen VM gewählt. Das rege Wander- und Vereinsleben wurde fortgesetzt, auch fand 1965 erstmals eine Waldweihnacht statt. Im Jahr 1971 legte die Ortsgruppe vier Rundwanderwege auf der Ostdorfer Gemarkung an, dabei leisteten die Mitglieder zahlreiche Arbeitsdienste, um die Wege vor allem im Mildersbachtal begehbar zu machen. Im Jahre 1972 konnte das 200. Mitglied begrüßt werden. In den nächsten Jahren wurde das rege Vereinsangebot ständig erweitert, so standen auch mehrtägige Ferienwanderungen, eine Sonnwendfeier und Ausflugsfahrten auf dem Jahresprogramm. Im Laufe des Jahres 1979 wurden die Schulräume in der ehemaligen Grundschule frei und nachdem sich die Vorstandschaft um einen Raum bemühte, wurde dieser von der Stadt zugesagt. Mit eigenen Kräften wurde der Raum renoviert, neu gestaltet und mit Mobilar ausgestattet. So bietet er seither optimale Voraussetzungen für die vielen Vereinsaktivitäten, wie Seniorennachmittage, Jugendtreffs, Bilderabende, Sitzungen und Versammlungen. Der Albvereinsraum ist bis heute die gute Stube des Vereins. Auch dem Natur- und Landschaftsschutz hat sich die Ortsgruppe verschrieben. So fanden in den 80-er Jahren unter dem langjährigen Naturschutzwart Heinz Diepenbruck mehrere Pflanzaktionen statt, bei denen zahlreiche Bäume, Sträucher und Hecken gepflanzt wurden. Auch wurden immer wieder Pflegeaktionen durchgeführt, zuletzt im vergangenen Jahr als bei mehreren Arbeitseinsätzen die Wachholderheide auf dem Fochenzenberg ausgelichtet wurde. Auch findet seit über 30 Jahren unter der Regie des Albvereins und in Zusammenarbeit mit der Ortschaftsverwaltung die jährliche „Aktion Saubere Landschaft“ statt, mit z.T. schon über 80 Teilnehmer. Hierbei haben die fleißigen Helfer schon Unmengen an Müll und Unrat eingesammelt und so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer schönen Landschaft geleistet.
Das Jahr 1989 brachte einen Wechsel in der Vereinsführung. Ludwig Sämann, der die Ortsgruppe über 23 Jahre leitete, gab das Amt an Rolf Haug weiter. Für seine großen Verdienste um die Ortsgruppe wurde Ludwig Sämann zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Der neue Vereinsvorsitzende Rolf Haug führte die erfolgreiche Arbeit nahtlos fort und konnte die Mitgliederzahl weiter steigern.
Im Jahr 1995 feierte die Ortsgruppe ihr 100-jähriges Jubiläum mit einem großen Festakt in der Festhalle. Besonders stolz war man dabei, dass die Veranstaltung wie auch die vielen Dorfabende stets mit Akteuren aus den eigenen Reihen gestaltet wurden. Unvergesslich dabei bleiben die vielen Auftritte mit dem Ostdorfer Heimatdichter Hans Jetter, den Lustigen Eyachtalern, der Singgruppe unter Leitung von Ernst Bächtle sowie der Kinder-, Jugend- und Volkstanzgruppe.
Mit immer neuen Ideen weckte VM Rolf Haug und sein Team das Interesse am Albverein und konnte so die Mitgliederzahl auf über 400 steigern. So gab es eine Deutschlandwanderung von Konstanz bis Flensburg, eine 24-Stunden-Wanderung, Nachtwanderungen, Bilder-, Film- und Quizabende und viele weitere Aktivitäten.
In den Jahren des Aufschwungs wuchs die Gruppe der aktiven Wanderer zu einer großen Familie zusammen. Naturgemäß forderte aber auch das Alter seinen Tribut und die Zahl der Frauen und Männer, die aus gesundheitlichen Gründen die Wanderungen nicht mehr mitmachen konnten wurde von Jahr zu Jahr größer. Um diesen Mitgliedern auch weiterhin das Gefühl zu geben, dass sie nach wie vor zum Albverein gehören, bildete sich Anfang der 80-er Jahre eine Seniorengruppe. Neben einem Seniorennachmittag wurden auch kleine Wanderungen und Spaziergänge angeboten, die vorwiegend auf Wegen in und um Ostdorf stattfanden. Erster Leiter der Seniorengruppe war Erwin Maute. Nach seinem plötzlichen Tod im Jahre 1983 übernahm Werner Fraschka die Leitung. Er brachte mit PKW- und Busausfahrten neue Impulse in die Gruppe. Um in den Wintermonaten die Begegnungen noch zu intensivieren, führte er einmal im Monat die „Seniorenstube“ ein. Diese hat bis heute Bestand. Nachdem W. Fraschka 1993 plötzlich verstarb, übernahm VM Rolf Haug auch noch die Leitung der Seniorengruppe. 25 Jahre bis zu seinem Tode im vergangenen Jahr leitete Rolf Haug die Gruppe und etablierte sie zu einem festen Bestandteil innerhalb der Ortsgruppe. Unzählige Wanderungen, Ausfahrten, Zusammenkünfte und sonstige Unternehmungen organisierte er zusammen mit seiner Frau Irmgard in dieser langen Zeit. Oftmals überstieg dabei die Teilnehmerzahl bei Ausfahrten die Sitzplatzkapazität des Reisebusses.
Im Jahr 2007 übergab Rolf Haug den Vorsitz in jüngere Hände. Arnold Viehbeck wurde zum neuen VM gewählt und hat dieses Amt bis heute inne. Für seine großen und langjährigen Verdienste um die Ortsgruppe wurde Rolf Haug zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Auch der Einsatz und das Engagement von VM Arnold Viehbeck für die Ortsgruppe in den letzten Jahre ist aller Ehren wert, zumal die Rahmenbedingungen sich in den letzten Jahren doch wesentlich verändert haben. Zwar hat das Wandern in unserer Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert, doch gleichzeitig wollen sich immer Weniger in Vereinen engagieren bzw. sich einbringen. Nichtsdestotrotz ist die Ortsgruppe samt Vorstandschaft im Jubiläumsjahr gut aufgestellt und bietet weiterhin ein breit gefächertes Programm für alle Altersgruppen an.
Einen Schwerpunkt beim Ostdorfer Albverein bildete über viele Jahre eine sehr aktive Jugend- und Volkstanzgruppe. Wie bereits eingangs erwähnt, gab es bereits in den Jahren 1950/51 erste Ansätze. Nach einem vielversprechenden Beginn löste sich die Gruppe aber schon 1956 wieder auf. 10 Jahre später im Jahr 1966 fanden sich dann wieder einige Jugendliche innerhalb der Ortsgruppe zusammen, die neben dem Wandern auch noch Freude am Volkstanzen hatten. Die Idee zur Gründung einer Jugend- und Volkstanzgruppe war geboren. Treibende Kraft neben dem damaligen VM Ludwig Sämann war Friedrich Schuler. Schon im Herbst desselben Jahres hatte die Volkstanzgruppe beim Dorfabend ihren ersten Auftritt. Aufgrund eines Unfalls musste Friedrich Schuler die Leitung bald wieder aufgeben und der Fortbestand schien gefährdet. Da übernahm das Ehepaar Gudrun und Edgar Schneider aus Balingen die wachsende Zahl der jungen Volkstänzer, sodass die Übungsabende weitergeführt werden konnten. Wilhelm Keller wurde zum Jugendleiter gewählt. Neben dem Volkstanzen standen noch weitere Aktivitäten wie etwa die jährliche Hochgebirgswanderung auf dem Programm. In den Folgejahren zeigte die Volkstanzgruppe bei vielen Festen, Heimatabenden und sonstigen Veranstaltungen in der näheren und weiteren Umgebung ihr tänzerisches Können. Im Jahr 1981 wurde Helmut Haug zum Jugendleiter gewählt und übernahm auch die Leitung der Volkstanzgruppe. Unter seiner Leitung erfolgte die Anschaffung einer neuen, einheitlichen Ostdorfer Tracht, die nach alten Vorlagen gefertigt wurde. Weitere Höhepunkte waren die Jubiläumsfeiern zum 20-jährigen und 25-jährigen Bestehen der Volkstanzgruppe sowie zwei Auslandsreisen nach Frankreich. Leider sind die Aktivitäten in den letzten Jahren immer weniger geworden und auch das Volkstanzen wurde eingestellt.
Auch wurde jahrelang eine sehr aktive Kinder- und Jugendarbeit in der Ortsgruppe betrieben. Im Jahr 1982 gründete Jugendleiter Helmut Haug eine Kindervolkstanzgruppe mit 20 Burschen und Mädchen im Alter von 10 bis 13 Jahren. Ein tolles Erlebnis für die Jugendlichen war der Auftritt beim Schäferball in der vollbesetzten Balinger Stadthalle im Oktober 1984. Im Jahr 1991 übernahmen dann Birgit Bock und Margret Pokorny die Leitung und so kam neuer Schwung in die Kinder- und Jugendgruppe und die Gruppe zählte bald über 40 Kinder und Jugendliche. Bei vielen Auftritten zeigten sie ihr tänzerisches Können und begeisterten immer wieder die Zuschauer mit ihren Kinder- und Volkstänzen. Doch leider auch in diesem Bereich wurde es in den letzten Jahren immer weniger, sodass die Ortsgruppe derzeit keine aktive Jugendgruppe mehr hat.
Mit verschiedenen Aktionen und Unternehmungen plante die Ortsgruppe das Jubiläumsjahr zu begehen, doch leider machte die Coronakrise der Vorstandschaft einen großen Strich durch die Rechnung. Neben zwei mehrtägigen Wanderfahrten an die Mosel und nach Südtirol sollte in diesem Jahr auch wieder eine Sonnwendfeier stattfinden. Nach derzeitigem Stand muss man leider davon ausgehen, dass diese Veranstaltungen ausfallen. Auch möchte die Ortsgruppe am Waldrand im Gewann „Oberholz“ einen Vesperstand mit Albliege und einer Panoramatafel errichten, deren Einweihung für den 09. Mai 2020 geplant war. Der Vesperstand soll zwar in nächster Zeit aufgebaut werden, ein offizieller Einweihungstermin steht aber noch nicht fest.
Helmut Haug
Schwäbischer Albverein Ostdorf
Vorsitzender und Pressewart